Revidiertes Sozialhilfegesetz ist veraltet und bürokratisch

Die Kolumne von Landrat Matthias Ritter in der Volksstimme unterstellt dem Komitee, einen «üblen Wahlkampf» zu betreiben. Er ignoriert dabei sämtliche fachlichen und menschlichen Gründe, die eindeutig gegen die Teilrevision sprechen.

Die Aussagen von Landrat Matthias Ritter in der Kolumne Carte Blanche in der Volksstimme zeugen von komplettem Unverständnis für die Herausforderungen in der Sozialhilfe. Er spricht von einer «innovativen» und «modernen» Teilrevision und bezeichnet die Kritik des zivilgesellschaftlichen Komitees als «üblen Wahlkampf». Allerdings hat weder die berechtigte Kritik des Komitees etwas mit «üblem Wahlkampf» zu tun, noch «modern» und «innovativ» etwas mit der aktuellen Teilrevision des Sozialhilfegesetzes.

Das sogenannte «Anreizsystem», das mit dieser Teilrevision gestärkt werden soll, ist nicht modern, sondern vielmehr veraltet. Menschen vorzuwerfen, sie würden es sich in der Sozialhilfe «einrichten», ist despektierlich. Und davon auszugehen, sogenannte Anreizsysteme würden dazu führen, dass wieder mehr Sozialhilfebeziehende finanziell auf eigenen Beinen stehen können, entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Wer tagtäglich mit Betroffenen zu tun hat, weiss, dass niemand stolz darauf ist, Sozialhilfeleistungen zu beziehen, dass sich aber viele dafür schämen.

Es ist nicht innovativ und verspricht wenig Nutzen, wenn heute ein «Motivationszuschuss» eingeführt werden soll. Denn eigentlich wurde 2014 im Kanton Basel-Landschaft die «Motivationszulage» bereits abgeschafft. Dies begründete die Regierung damals damit, dass nicht nachgewiesen werden könne, dass die Zulage einen positiven Effekt habe – daran hat sich auch nichts geändert, was hinreichend durch Studien gestützt ist. Was als innovativ angepriesen wird, wurde vor fast 10 Jahren abgeschafft, weil keine Wirkung nachgewiesen werden konnte.

Bürokratischer Alleingang des Kantons Basel-Landschaft

Die «innovativen» Neuerungen wie der Motivationszuschuss oder das Assessmentcenter sind Alleingänge des Kantons Basel-Landschaft, die weder die zentralsten Probleme angehen noch einen grossen Effekt versprechen. Sie laufen vielmehr der schweizweiten Harmonisierung der Sozialhilfe zuwider und bringen aber garantiert mehr Bürokratie und Kosten. Ob jemand auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig Fuss fassen kann, ist weniger von einem Assessmentcenter abhängig, als davon, ob überhaupt passende Stellen auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Mit dem Langzeitabzug verschlechtert sich die Situation für die Betroffenen zudem direkt. Schon heute liegen die Sozialhilfeleistungen unter dem von der SKOS errechneten Existenzminimum. Eine weitere Kürzung mit der Einführung des Langzeitabzugs ist aus menschlicher Sicht nicht vertretbar. Ein Drittel der Betroffenen sind Jugendliche und Kinder, deren Situation mit dieser Teilrevision noch schlechter wird, wenn der Langzeitabzug zum Zug kommt und das Familienbudget zusammenschrumpft.

Aus fachlicher Sicht ist diese Teilreivison nicht sinnvoll und läuft dem Zweck der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Integration zuwider. Mit den Zuschüssen, Abzügen, Ausnahmen und dem Assessmentcenter werden in erster Linie die Bürokratie und die Verwaltung aufgebläht. Das dafür aufgewendete Geld könnte sinnvoller eingesetzt werden, beispielsweise indem sichergestellt würde, dass den Sozialdiensten in allen Gemeinden genug Fachpersonal zur Verfügung steht und dass kleine Sozialdienste regional zusammengefasst werden.

Das Gesamtpaket der Abstimmungsvorlage ist unausgewogen, macht vieles komplizierter und sorgt für Mehraufwand. Deshalb erteilt das Komitee NEIN zum Sozialhilfegesetz der Teilrevision eine klare Absage.